Alaska mit dem Motorrad

Ein Bericht von Debbie Siebert

Was für ein Abenteuer. Fünf Tage mit einer Enduro auf Alaskaıs Strassen. Das hatte ich schon immer mal vor. Alaska ist meine zweite Heimat, und ich habe jede Strasse bereits mit dem Auto bereist. Kurzentschlossen, und nur ein paar Wochen vor meinem geplanten Alaska-Besuch, suchte ich im Internet nach einem Motorradverleih in oder in der Nähe von Anchorage. Und so fand ich die Webseiten von ŒAlaska Rider Toursı, organisiert durch Phil Freeman in Girdwood. Phil antwortete prompt und freundlich auf meine Email-Anfrage. Ich hatte Glück: zum Ende der sonst ausgebuchten Saison hatte er doch noch ein Motorrad für mich zur Verfügung. Eine Enduro, Suzuki DR 650. Also reservierte ich das Motorrad online per Email für 5 Tage im September.

Am 7. September brachte Phil die Enduro auf einem Anhänger zum Haus meiner Alaska-Familie, wo ich wie immer untergekommen war. Phil ist ein sympathischer, aufgeschlossener Mensch, der mir freundlich die Details an seinem Motorrad erklärte: wasserfeste Packtaschen, verbreiterte Sitzbank, Windschutz... Wir redeten ein bisschen über meine Motorrad-Erfahrungen in Deutschland, und darüber, welche Route ich mir für meine Tour ausgesucht hatte. Ich teilte ihm mit, dass ich je nach Wetterlage, den Denali Highway fahren wollte. ³Have fun!², sagte Phil zum Abschied, und ich machte mich daran die Packsäcke mit Campingkocher, Schlafsack und Kleidung zu befüllen.

Abends gingıs los. Rudy, einer meiner Freunde in Alaska, begleitete mich auf seiner ŒNinjaı für den ersten Tag. Es regnete als wir Anchorage verliessen und auf dem Glenn Highway Richtung Matanuska Valley fuhren. Ich fühlte mich gleich wohl auf meinem ŒMoppedı. Sehr dankbar war ich über den Windschutz und die verbreiterte Sitzbank, wenn ich das auch erst ein wenig belächelt habe... von wegen, wer braucht den so einen ³Luxus². Aber in Alaska ist man an einem normalen Reisetag viele Meilen unterwegs, und die breite Sitzbank hat meinem Œzarten Pöterı auf der langen Reise sicherlich gut getan.

Rudy und ich bauten unser Camp in Chickaloon auf. Ich machte ein Feuer, während er eine Plane über die Holzbank zwischen die Bäume hängte. Auf Stöcken rösteten wir unsere Hot Dog Würstchen und überlegten uns, wie weit wir am nächsten Tag fahren wollten. Eine kurvenreiche Strecke lag vor uns, entlang des Matanuska Rivers.

Am nächsten Morgen schien die Sonne und liess die bunten Herbstblätter leuchten. Nun gabıs kein Halten mehr. Gepäck geschnürt, und los! Auf trockener Strasse fuhren wir schneller als es die ŒSpeed Limitı Schilder zuliessen. Es machte einfach zuviel Spass. Im Herbst sind nur noch wenige Touristen mit ihren Wohnmobilen unterwegs, und so hatten wir fast immer freie Fahrt. Die Landschaft im Herbst finde ich besonders schön. Mit Weitblick inıs Tal und hinauf zu schroffen Bergen, umrandet von gelbgoldenen Pappeln und Espen, windet sich der Glenn Highway oberhalb des Matanuska Rivers, der vom Schmelzwasser des Matanuska Gletschers weiter im Osten gespeist wird. Vom Highway aus hat man einen tollen Blick auf den schneeweissen und eisblauen Gletscher, der sich wie Sprühsahne in das Tal schmiegt.

Den Gletscher zurück lassend und nach einem weiteren Pass fing es an zu regnen. Wir machten Halt an einem Roadhouse, aßen Burger und tranken heisse Schokolade. Da Rudy am Montag wieder zur Arbeit musste und wir bereits einige Meilen von Anchorage entfernt waren, beschlossen wir wieder zurück Richtung Chickaloon zu fahren nochmal Kurven fahren, au ja! Zurück über den Pass empfingen uns wieder warme Sonnenstrahlen. Wir bauten unser Camp zum zweiten mal zwischen den Bäumen auf dem Campground auf und liessen uns die restlichen Hot Dogs schmecken.

Am Sonntag Morgen trennten sich dann unsere Wege: Rudy fuhr zurück nach Anchorage und ich fuhr allein weiter Richtung Glennallen, und dann nach Norden Richtung Fairbanks. Die Sonne schien. In der Ferne regnete es ein bisschen und ich sah einen wunderschönen breiten bunten Regenbogen. Die Berge waren bereits mit frischem Schnee überzogen. Ich genoß die klare Herbstluft, die schon ein bisschen nach Winter roch.

Die meiste Zeit hatte ich die Strasse für mich allein. Das fast neue Motorrad fuhr sich sehr gut und es machte mir soviel Spass, dass ich unter meinem Helm so einige Lieder zum Besten gab. In Glennallen füllte ich den Tank auf, und gönnte mir einen Schokoriegel als stärkenden Snack. Weiter gingıs Richtung Norden nach Paxson, von wo aus der 136 Meilen lange geschotterte Denali Highway Richtung Westen nach Cantwell führt. In Paxson schien die Sonne und es war warm. Doch den Blick Richtung Westen über die wolkenverhangenen Berge der Alaska Range schweifend, entschied ich mich weiter Richtung Norden zu fahren. Das Risiko auf dem Denali Highway von Schnee überrascht zu werden war mir zu gross besonders auf nur zwei Rädern.

In Delta Junction baute ich mein Zelt auf einem State Campground auf. Dort sprach mich Randy an, der in North Pole, in der Nähe von Fairbanks, lebte. Er war überrascht zu sehen, dass ich als Frau alleine mit dem Motorrad unterwegs war. Wir unterhielten uns für eine Weile und er gab mir seine Telefonnummer für den Fall, dass ich unterwegs Hilfe bräuchte. Nach einem warmen Essen, das ich mir auf meinem Campingkocher zubereitete, schlüpfte ich in meinen Schlafsack und schlief sofort ein.

Am nächsten Tag war es deutlich kälter. Der Himmel war wolkenverhangen und es sah aus, als ob ich an diesem Tag nass werden würde. Ich fuhr nach Fairbanks, wo ich auf einer Anzeigetafel lesen konnte, dass es 37 Grad Fahrenheit kalt war. Es regnete nun fast ununterbrochen und mir wurde bald so kalt, dass ich anfing zu zittern. Zeit für eine heisse Schokolade. Im nächsten Roadhouse, dem 'Skinny Dick Halfway Inn' lugte ich zunächst vorsichtig durch einen Spalt in der Tür, und fragte, ob sie denn überhaupt heisse Schokolade serviren bei dem kuriosen Namen. Mir wurde mir dieser Wunsch erfüllt. Und wieder waren die Leute überrascht, dass eine Frau ganz allein und dazu noch auf einem Motorrad in Alaska unterwegs ist. Sie wünschten mir eine gute und sichere Fahrt, als ich wieder aufgewärmt in meine nasse Motorradjacke schlüpfte.

In Healy, kurz vor dem Denali National Park, fing es an zu schneien. Der Schnee blieb zwar nicht auf der Strasse liegen, aber die Berge waren schon von der Spitze bis zur Hälfte mit Neuschnee bedeckt. Eigentlich wollte ich in Denali übernachten, aber nachdem ich eine Pizza gegessen hatte und endlich wieder aufhörte vor Kälte zu zittern, da entschloss ich mich besser weiter Richtung Süden zu fahren. Ich machte noch ein paar Mal Halt, um Fotos zu machen, und sah dann hellen sonnigen blauen Himmel am Horizont. Da hinten musste Talkeetna sein. Je weiter ich auf dem Parks Highway nach Süden fuhr, umso besser wurde das Wetter. Nun schien wieder die Sonne und es wurde wärmer. Zwar hat mir die Kälte meine gute Laune nie verdorben, denn ich liebe das Abenteuer, doch Motorradfahren im Schnee... das passt nicht gut zusammen.

Am Abend kam ich im sonnigen Talkeetna an müde und erschöpft, aber glücklich über einen langen Tag auf Alaskaıs Highways. Über 400 Meilen hatte ich an diesem Tag zurück gelegt. Ich schlug mein Zelt auf und wurde sogleich vom freundlichen Campground Host, Michael, begrüsst. Michael sagte mir, wo ich ein gutes Bier trinken könne und wo ich für 2 Dollar duschen könnte. Zum Duschen war ich viel zu müde. Also entschied ich mich lieber gleich ein Bier und einen Burger zu mir zu nehmen. An der Bar im West Rib machte ich Bekanntschaft mit ein paar Leuten aus Talkeetna, Becky, Steve, Bill... und auch Michael vom Campround kam später hinzu. Später am Abend trank ich noch ein zweites Bier im berühmten Fairview Inn, wo Bergsteiger aus aller Welt zusammenkommen, um sich über Triumph und Niederlage bei der Besteigung des Mount McKinley, dem mit 6194 Metern höchsten Berg Nordamerikas, zu unterhalten. Von Talkeetna aus starten alle grossen Expeditionen per Busch Flugzeug zum Basecamp auf dem Mount McKinley. Ich verabredete mich für den nächsten Tag mit meinen neuen Freunden in Talkeetna, um eine kleine Wanderung zu machen. Einen Tag Pause vom Motorradfahren konnte ich gebrauchen. Auf dem Weg zum Zelt sah ich die Nordlichter am klaren Himmel tanzen.

Wieder schien die Sonne, und die Herbstluft roch nach feuchtem Moos, Cranberries und nach Schnee. Mein neuen Freunde und ich wanderten auf einem Pfad durch dem gelb-roten Laubwald entlang des Susitna Rivers, wo wir im weichen feuchten Boden Tatzenabdrücke eines Schwarzbären sahen.

Nach einer weiteren Nacht im Zelt, packte ich am nächsten Morgen meine Klamotten in die wasserdichten Packtaschen für die letzte Etappe meiner Reise mit dem Motorrad. Es nieselte ein bisschen aus dem grauen Himmel. Bis Anchorage war es nicht weit. Nur etwa drei Stunden. Phil kam und holte die Suzuki ab. Als er mich fragte, wie mir meine Reise gefallen hat, sagte ich ihm, dass ich garnicht wollte, dass die Reise jemals endet. Es hat mir soviel Spass gemacht, und ich bin sicher, dass ich im nächsten Sommer wieder ein Motorrad von Philıs Alaska Rider Tours leihen werde. Vielleicht schliesse ich mich dann einer kleinen Gruppe an, denn das ist ja auch ein Sicherheitsaspekt.

Ich half Phil die Enduro auf dem Anhänger zu verzurren, und winkte dann zum Abschied. Was für ein Abenteuer! Zwar waren es nur ein paar Tage, doch diese waren so intensiv, dass ich die wunderschönen Herbstbilder Alaskas immer wieder vor meinem inneren Auge sehen kann. Eine Erinnerung fürıs Leben.

Alaska Rider Tours bietet nicht nur organisierte Motorradtouren an. Auch Kanu und Kajakfahren, Wildwasser Rafting, Fischen, Fotosafari und Eco-Tours können mit einem ŒAlaska Riderı Motorradtrip verknüpft werden. Die Gruppen sind klein, und man reist auf Strassen und Schotterpisten, die einem das Œrichtigeı Alaska zeigen. Saison: 15. Mai bis 15. September. Mehr Infos unter: www.akrider.com oder Telefon 1-800-756-1990, Phil Freeman. 11-Minuten-Werbevideo auf CD-Rom anfordern: dualsport@akrider.com

Kontakt zur Verfasserin dieses Reiseberichtes:
www.alaskakid.com
Debbie Siebert
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